„Design ist für mich mehr als nur gute Optik“

Pablo Bachmann hat die Collection 52 für Loftblock gezeichnet. Wir haben mit ihm über Design gesprochen, seinen kreativen Prozess und welche Rolle die Künste dabei spielen.

„Ich versuche immer, eine Balance zwischen Funktion und Emotion herzustellen“
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Pablos Werdegang ist nicht der eines typischen Designers. Der gelernte Metallbildner ist Absolvent der Staatlichen Zeichenakademie Hanau und studierter Betriebswirt mit Schwerpunkt Design- und Produktmanagement. Darüber hinaus ist er Markenstratege, beschäftigt sich mit Trends, Märkten und wie sie zusammenhängen. Dies nimmt natürlich Einfluss auf seine Designkonzepte. In seinem Atelier entsteht „Kunst, Gebrauchskunst, Kunst zum Gebrauch, wie auch immer man es nennen möchte“, sagt er schmunzelnd. Meistens habe das Ganze einen funktionalen Hintergrund, meint er, um ein Problem zu lösen, Material spiele immer eine entscheidende Rolle. Wir haben uns mit Pablo ausgetauscht, über Design gesprochen und was ihn zur Collection 52 inspiriert hat.

Was macht gutes Design für dich aus?

Es ist witzig, wie oft ich das gefragt werde (lacht). Das Schöne am Design ist für mich, dass Dinge entstehen, die einen neuen Blickwinkel schaffen. Da passieren Sachen, die man vorher so nicht gesehen oder über die man vorher anders nachgedacht hat. Design hat so viele unterschiedliche Komponenten, die immer Einfluss auf den Ort nehmen, für den oder in dem designt wird. Gerade bei Möbeln ist das spannend: Design ist mehr als nur gute Optik. Das Zusammenspiel aus Funktion, Material und technischem Know-how ist es, was gutes Design für mich ausmacht. Die Gestaltung eines Produkts muss die Nutzung vereinfachen, fördern und eben nicht beeinträchtigen. Das Ganze lebt davon, dass Lösungen gesucht und gefunden werden, das fasziniert mich. Außerdem ist spannend, für welche Problemstellungen diese Lösungen entwickelt werden. Zeichnet man beispielsweise einen Stuhl nur, damit jemand darauf Platz nimmt? Ich denke Nein, das ist vielleicht die Grundvoraussetzung. Die vielen kleinen Details, die dafür relevant sein könnten, sind es, die mich wirklich interessieren.

Sind es diese Details, diese Problemstellungen, die deinen Designprozess bestimmen?

In jedem Fall: Kern aller Gestaltungsprozesse ist für mich eine Problemstellung, das ist elementar. Danach probiere ich aus, lege mir Unterschiedliches zurecht und überlege, wie ich Dinge kombinieren kann, die eigentlich nicht zueinander gehören. Wenn dann erst einmal ein Wust an Dingen existiert, beginne ich bewusst zu limitieren, mich selbst herauszufordern. Alles auf das Nötigste zu reduzieren, ist oftmals das Schwierigste, aber auch das, was am meisten Spaß macht. Ein Konzept festzulegen, in dessen Rahmen man sich dann bewegt, führt zwangsläufig dazu, die sinnvollsten Entscheidungen treffen zu müssen.

Was hat dich zur Collection 52 inspiriert?  

Angefangen hat alles mit einem Plattenschrank. Das ganze Vinyl sollte einen ordentlichen Platz bekommen – also witzigerweise die erste Problemstellung, wenn ich jetzt darüber nachdenke. Zuerst habe ich den Plattenspieler in Gang gesetzt: In meinem Elternhaus lief den ganzen Tag Jazz, experimentelle Musik, eher das, was man morgens nicht so häufig im Radio hört (lacht). Mit ein bisschen John Coltrane oder Miles Davis auf den Ohren zeichnet es sich auch leichter. Ich hatte schon eine Grundstruktur im Kopf, habe mich dann aber schnell auf die Möglichkeiten der Materialität fokussiert. Ich wollte es minimalistisch halten, geradlinig, ordentlich. Deswegen habe ich mich für Stahl und Holz entschieden.
Diese beiden robusten Materialien so in Einklang zu bringen, dass besonders der Stahl eine gewisse Leichtigkeit bekommt, war eine Herausforderung. Im Jazz ist es dasselbe: Die Leichtigkeit in der Improvisation ist es, die das Stück trägt, das Thema oder die Leitmelodie sind das robuste Momentum, das alles zusammenhält. Das hat mich inspiriert: Ich wollte erreichen, dass das Möbeldesign leicht wirkt, nicht aufgesetzt. Ich wollte mich auf das Wesentliche konzentrieren.

Und hast du das geschafft?

Natürlich gibt es immer Punkte, die man verbessern oder weiterentwickeln möchte, das ist klar. Doch wenn du jetzt über die Wesentlichkeit sprichst, sage ich: Ja, das habe ich. Letztendlich haben sich meine persönlichen Vorstellungen mit den Vorgaben von Loftblock gespiegelt. Es ging darum, nicht einfach ein schönes Möbel zu kreieren, sondern einen holistischen Ansatz zu verfolgen und auch den Trend nicht außer Acht zu lassen.

"Ich mag die Extreme und versuche Dinge zusammenzubringen, die vermeintlich nicht zusammengehören."

Beeinflussen Trends auch darüber hinaus deine Arbeit?

Ja, natürlich beschäftige ich mich viel mit Trends, da kommt man nicht drum herum. Es kommt aber natürlich auch darauf an, um welche Trends es geht. Gerade Einflüsse aus anderen Künsten spielen für mich eine wesentliche Rolle, darunter müssen nicht nur die bildenden sein. Trotzdem steht der Trend für mich nicht an erster Stelle, mich interessieren vor allem zeitlose Designs. Natürlich kann auch aus einem Trend etwas Zeitloses entstehen, keine Frage, doch auch hier muss es ja einen Anfang geben. Ob nun das Huhn oder das Ei zuerst da war, ist mir nicht so wichtig – ich finde die Wiese, auf der sich das alles abspielt, viel spannender (lacht). Deswegen ist es für meine Begriffe auch müßig, darüber zu diskutieren, welcher Trend nun angesagt ist und welcher nicht. Welche Überschneidungspunkte bestehen, was das im Gesamten zu bedeuten hat und was sonst auf dem Planeten passiert, finde ich wichtiger. Um auf die Frage zurückzukommen: Ja, Trends können meine Arbeit beeinflussen, aber nur, wenn ich es bewusst zulasse. Bei der Kunst verhält es sich anders, die beeinflusst immer …

Okay, dann bleibt uns nur zu fragen: „Ist das Kunst oder kann das weg …?“

Kunst ist für mich als Rezipient etwas Vollkommenes. Als Kreativschaffender sehe ich das auch so, nur ist die Beurteilung schwieriger. Dali hat mal gesagt: „Hab keine Angst vor der Perfektion, du wirst sie nie erreichen.“ Das habe ich mir zu Herzen genommen. Mich faszinieren seit meiner Kindheit die Extreme. Dinge zusammenzubringen, die vermeintlich nicht zusammengehören – wie eben Holz und Stahl – und diese dann ästhetisch in Einklang zu bringen, versinnbildlicht mein Verständnis von Kunst. Insofern nehme ich die Collection 52 als Werk eines Kreativschaffenden an, das eben im Alltag nutzbar ist.